2022 - 2025 studierte Christoph Johannes Pfändler Komposition bei Dieter Ammann. Hier werden die Stücke aufgelistet, welche während dieses Studiums und als Folge dessen entstanden.
Fantasie für 11 Instrumente (2024-2025)
Flöte / Piccolo, Klarinette in B, Hackbrett, Glockenspiel / Xylophon / Snare, Klavier, Violine, Viola, Violoncello
Dauer: ca. 10'
Auch wenn der Werktitel an Fantasielosigkeit kaum zu überbieten ist, überlässt er doch genau dadurch der geneigten hörenden Person das Feld für eigene Interpretationen der Musik – vorausgesetzt, der Wille und die Fantasie sind vorhanden. Das Werk entstand aus freien Stücken, ohne Auftrag oder Vorgabe der Länge, was mir die Freiheit liess, tun und lassen zu können, was ich wollte. Nach mehreren Stücken, welche sich in klanglich homogeneren Gefilden aufhielten, ist die ‘Fantasie’ – zumindest partiell – eine Rückkehr in heterogenere Welten, voll von Unbefangenheit und frei von Scheuklappen. Als kompositorische Einflüsse sollen nebst Volksmusik aus der Schweiz und Finnland definitiv John Williams, Ennio Morricone und Dimitri Schostakowitsch genannt werden, die Zitate borgte ich u. a. bei Metallica und Paul McCartney.
Ich bedanke mich bei Rebecca Blau und Charlotte Lorenz, auf deren Anregung dieses Stück fürs Dissolution Ensemble plus Hackbrett entstanden ist.
Rhombus (2024)
Oboe, Klarinette in B, Fagott, Altsaxophon
Dauer: ca. 3' 45''
Der Titel erklärt sich aus dem Verlauf des Stückes, ist es doch wie ein Rhombus angelegt, auch wenn sich die genauen geometrischen Definitionen der künstlerischen Freiheit beugen mussten. Als Keimzelle wählte ich einen Klang im mezzopiano, welcher für alle Instrumente am beinahe identischen Ort beginnt und sich dann tonal langsam auseinanderbewegt. In der Mitte ist diese Spreizung vollführt, wir halten uns in einem weiten Range auf mit viel Bewegung und dynamischen Varianten. Gegen Ende wird der Range der Stimmen wieder kleiner und sie finden sich schliesslich wieder auf demselben Ton, auf welchem das ganze Stück seinen Ursprung fand. Als Zitatelieferanten standen diesmal Strawinsky und Slayer Pate.
Plazet (2024)
Vibraphon, Violine
Commissioned by Lucerne Festival.
Dauer: ca. 3'
dichótomos (2024)
2 Trompeten in C, Horn, Posaune, Tuba
Die Miniatur besteht aus nur einem Thema, welches in zwei verschiedenen - oder eben 'dichotomen' - Teilen beleuchtet wurde. Das Stück entstand als Auftragskomposition für das Othmar Schoeck Festival 2024.
Dauer: ca. 2' 30''
Schieber (2024)
Klarinette in B, Glockenspiel / Xylophon, Klavier, Violine, Viola, Violoncello
Dauer: ca. 4'
Obschon der Titel des Stücks eine Verbindung zum gleichnamigen Jass evoziert, kann weder die Verantwortung abgegeben («gschobe») werden, noch wird «gwyse» oder in Zweierteams gespielt. Immerhin bewegen sich einige Läufe «unenufe» und «obenabe» und Virtuosität ist «Trumpf». Mit diesem letzten Vergleich sind meine sowieso bescheidenen Jass-Kenntnisse aber erschöpft.
Der Titel bezieht sich viel mehr auf das im Stück praktizierte parallele Herumschieben von Dur-Akkorden, was zwar total aus der Zeit gefallen ist, aber deswegen nicht minder Spass bereitet. Abgeschaut bei Holsts «Mars» oder diversen Werken John Williams’, öffnete mir als Volksmusiker das Spiel mit den Akkorden völlig neue Welten. Mein bisweilen vollkommen ausufernder Eklektizismus wird durch die Beschränkung auf lediglich ein Thema in die Schranken gewiesen, die Wahl versteckter Zitate von Bartók und Deep Purple ist dafür wieder völlig wild. Ich bedanke mich bei Jonas Achermann für den überaus passenden Titel zu diesem Stück.
dememrand legit red sobememrand (2024)
Jodel / Sopran, Violine
Dauer: ca. 5'
Um mich der Wort-für-Wort-Vertonung eines Gedichts im Stile Schuberts oder Schumanns zu entziehen, habe ich in bester Ursus Wehrli-Manier die Worte des Heinrich Heine-Gedichts ‘Sommerabend’ erst aufgeräumt, dann allerdings wieder neu zusammengesetzt. Aus ‘Dämmernd liegt der Sommerabend’ wurde so ‘dememrand legit red sobememrand’. Da das Gedicht in der unaufgeräumten Original-Version aber doch ein wenig langweilig ereignisarm war, habe ich in der Mitte des Stücks einige deutschsprachige – und ebenso aufgeräumte und neu zusammengesetzte – Zeilen des Songs ‘Götterdämmerung’ der Metal-Band ‘Zeal & Ardor’ eingeschoben. Angereichert wurde der fertige Text mit Silben wie ‘jo lo lo’ oder ‘da ba da ba dam’. Man möge also gar nicht erst versuchen, einem möglichen lyrischen Sinn des Texts zu folgen. Ausser, man steht auf Dadaismus, dann bin ich auf mögliche Deutungen gespannt.
Die ungewohnte Besetzung Sopran & Violine erforderte ein vertieftes Denken in der Horizontalen. Beide Parteien nehmen explizit nicht die Rollen ‘Melodie’ und ‘Begleitung’ ein, sondern sind gleichgestellt.
Das Stück entstand als Auftragskomposition für das Othmar Schoeck Festival 2024. Vielen Dank Alvaro Schoeck für den Auftrag und die Möglichkeit!
Nadja - Variante für Jodelstimme & Streichorchester (2023, orchestriert 2025)
Jodelstimme, Streichorchester
Dauer: ca. 4' 30''
Nadja - Variante für Volksmusik-Ensemble (2023, arrangiert 2024)
2 Jodelstimmen, Klarinette in B, Bassklarinette, Trompete, 4 Schwyzerörgeli, 2 Hackbretter
Dauer: ca. 4' 30''
Bastard (2023)
Oboe, Klarinette in B, Bassklarinette, Fagott, Altsaxophon
12:55: Interview mit mir
20:57: 'Bastard' in voller Länge
Dauer: ca. 4'
Aufnahme mit dem Ensemble BlattWerk vom Musiksommer am Zürichsee 2023
Das Stück ‘Bastard’ ist schon deshalb leicht anachronistisch, weil es sich in vielerlei Hinsicht auf musikalische Traditionen wie etwa spürbare Tempi und Taktarten, zeitweise klar getrennte Rollen wie Melodie und Begleitung und harmonische Progression bezieht. Der Anknüpfungspunkt an das Ghostwriting findet sich auf der Zitat-Ebene, auf welcher ich zahlreiche musikalische Delikatessen aus meiner Plattensammlung eingewoben habe. Aus der klassischen Abteilung sind dies Strawinsky, Glinka (eine Kindheitserinnerung an lange Autofahrten mit der Familie) und John Williams. Des Weiteren verewigte ich verschiedene Bands aus dem härteren Sektor: die Thrash Metal Band ‘Slayer’, aus dem Punk die Band ‘The Clash’ und die wohl berühmteste Basslinie der Geschichte: ‘Seven Nation Army’ von den ‘The White Stripes’. Notabene weist diese Linie grosse Ähnlichkeiten mit dem Hauptthema aus dem 1. Satz von Bruckners 5. Sinfonie auf. Ob Jack White dies beabsichtigt hat, ist nicht geklärt.
Dies alles ereignet sich nicht ohne etliche Twists und mit einem gelegentlichen Zwinkern beider Augen. Alle Zitate sind für sich genommen keine tragenden Elemente, sie ergänzen viel mehr die von mir komponierten Themen und sind genauso schnell wieder vorüber, wie sie erschienen sind. Gerade das Zitieren von genrefremder Musik gehört genauso zu meiner Sprache als Komponist wie auch mein Anspruch, ein Werk mit einem gewissen Unterhaltungswert abzuliefern. Zum E gesellt sich ein U. Oder ist es umgekehrt?
Das Stück entstand als Auftragskomposition für den Musiksommer am Zürichsee 2023.
dnu chim (2022-2023)
Lied für Altstimme & Klavier
Dauer: ca. 2'
Basierend auf dem Lied "A-Ooo" Op. 38 von Sergej Rachmaninoff
Mein erstes Stück mit Gesang hat mir anfänglich Probleme bereitet: Ich tat mich äusserst schwer mit der Findung eines Anknüpfungspunkts auf der Text-Ebene. Ohne neuen Text konnte nicht mit dem Schreiben begonnen werden. Mehr oder weniger durch Zufall erinnerte ich mich an Ursus Wehrlis Bücher ‘Kunst aufräumen’, welche mich dazu verleiteten, den Text aufzuräumen: Vom Original in deutscher Sprache habe ich die einzelnen Buchstaben innerhalb der Worte alphabetisch geordnet. Weiter ordnete ich alle Worte alphabetisch und begann mit dem ersten (‘abeegghnrs’), fügte das letzte ein (‘uz’), griff zurück auf das zweite (‘abhin’), dann das zweitletzte (‘uz’), usw.
Der Text bekam auf diese Weise zwischenzeitlich einen dadaistischen Einschlag. Damit er doch noch ohne Probleme ausgesprochen werden kann, habe ich alle schlecht zu artikulierenden Worte (z.B. ‘aknrz’) entweder mit einer neuen Buchstabenfolge beehrt (‘knarz’), mit ergänzenden Buchstaben versehen (aus ‘chstu’ wurde ‘chestu’) oder doppelte Buchstaben einfach gestrichen (aus ‘abeegghnrs’ wurde ‘abeghnrs’).
Die Tonhöhen der Singstimme sind ebenso alle vom originalen Lied übernommen und neu zusammengesetzt. Die sortierten Notenwerte sind letztlich dem freien Komponieren zum Opfer gefallen.
Die Klavierstimme ist völlig neu komponiert und hat nichts mit dem Original gemein. Das häufige Verwenden von Tri-, Quint- und Septolen verwischt sowohl Rhythmus als auch Tempo, welches konstant bleibt. Von meiner Angewohnheit, mit Zitaten zu arbeiten, habe ich in diesem Stück abgesehen - mit Ausnahme des zitierten Anfangs Rachmaninoffs im Klavier-Solopart.
Fisch (2022)
Flöte, Klavier, Violine, Violoncello
Dauer: ca. 5' 15''
Meine ersten Gehversuche in der Neuen Musik.
Sabotage (2013-2014, revidiert 2023)
Toccata für Klavier
Dauer: ca. 5' 45''
Die ursprüngliche Version des Stücks entstand in den Jahren 2013 - 2014 in meinem Minor Komposition bei Dieter Ammann. Als erster Impulsgeber figurierte Schostakowitschs 1. Klaviersonate. Während ich heute sehr subtil verschiedenste Stile vermische und zu einem grossen Ganzen vermenge, war meine Anfangsphase als Komponist geprägt von plakativem Aneinanderreihen unterschiedlichster Ideen und Elemente. Das kann man als wild und unerfahren empfinden, es trägt aber auch den Charme der jugendlichen Unbeschwertheit und Entdeckungslust in sich. Eine Verarbeitung der Themen findet kaum statt, es wird laufend neues Material ins Spiel gebracht. Nach Jahren in der Schublade habe ich das Werk im Herbst 2023 sanft revidiert.
Der Titel symbolisiert das Sabotieren der atonalen Themen des Beginns durch zunehmend tonale Elemente im weiteren Verlauf. Ob er zugleich auf den gleichnamigen Song der Beastie Boys oder mein favorisiertes Album von Black Sabbath anspielen soll, entzieht sich meiner Erinnerung.